Ambitionierter Klimaschutz für München: Globalalternative Ausstieg HKW Nord

Mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz

Die Weltklimakonferenz Ende letzten Jahres in Paris brachte den Durchbruch – nach über 20 Jahren hat sich die Staatengemeinschaft auf einen global verbindlichen Rahmen für Klimaschutz geeinigt. Das Abkommen von Paris läutet endgültig das Ende des Zeitalters von Kohle und Öl, das Ende des Automobilzeitalters, wie wir es kennen, ein.
Der Rahmen steht, er muss nun in den Vertragsstaaten umgesetzt werden. Die eigentliche Herausforderung steht also noch bevor!

Lange hatte Deutschland international, auch dank der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem EEG angestoßenen Energiewende eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Diese Dynamik hat Deutschland inzwischen weitgehend verloren. Das Klimaziel von 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020 ist kaum noch zu halten, wenn die Bundesregierung keine grundlegende Kurskorrektur vornimmt. Schuld daran sind eine auf Kohle fixierte Energiepolitik, Mutlosigkeit beim Thema Effizienz und fahrlässige politische Untätigkeit in der Verkehrspolitik.

Ambitionierte Klimaziele notwendig

Grüne Politik kämpft nicht nur dafür, das 40%-Ziel bis 2020 doch noch zu erreichen, sondern für den Zeitraum nach 2020 ambitionierte Klimaziele festzulegen und Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen – auf allen Ebene.
Zentrale Handlungsfelder sind der Energiesektor, der Verkehrsbereich, die Industrie, Landwirtschaft sowie Verbrauchs- und Konsummuster und Ernährung.

1) Energiewende

Mit dem unter grüner Regierungsbeteiligung im Jahr 2000 verabschiedeten EEG begann eine Revolution der Stromversorgung in Deutschland, die trotz der Blockaden der schwarz-gelben Regierung 2009-2013 und der aktuellen schwarz-roten Regierung nicht mehr aufzuhalten ist. Inzwischen (2015) sind die Erneuerbaren mit rund 30 % der wichtigste Energieträger im deutschen Strommix. Ein großer Erfolg GRÜNER Politik!

Dennoch ist Deutschland – dank Kohlelobby und dem Schutz von Union und SPD – nach wie vor ein Kohle-Land, der Anteil der besonders klimaschädlichen Braunkohle an der Stromerzeugung beträgt noch immer rund 24 Prozent, rund 18 Prozent stammen aus Steinkohle.

In einem national und zunehmend europäisch organisierten Energiemarkt müssen die entscheidenden Rahmenbedingungen auf bundes- und europapolitischer Ebene geschaffen werden. Dafür kämpfen auch wir Münchner GRÜNEN: Wir fordern einen konsequenten bundesweiten Ausstieg aus der Kohleverstromung, der mit einem Kohleausstiegsgesetz für alle Unternehmen der Energiewirtschaft einen verbindlichen Rahmen schafft. Insbesondere ältere (z.T. sind noch Kraftwerke aus den 60er Jahren am Netz) und besonders ineffiziente Braunkohlekraftwerke müssen schnellstmöglich abgeschaltet werden.

Absolute Priorität für uns GRÜNE müssen beim Kohleausstieg v.a. alte und dreckige Braunkohlekraftwerke (oftmals mit Wirkungsgraden unter 35%) haben. So liegen fünf der sieben klimaschädlichsten Kraftwerke der EU in Deutschland. Die Braunkohlekraftwerke Neurath, Niederaußem, Jänschwalde, Boxberg und Weisweiler zusammen verursachen jährlich rund 129 Mio. Tonnen CO2 (Zahlen 2013 – zum Vergleich: HKW Nord ca. 2,1 Mio. Tonnen)

Aber auch die Landes- und die kommunale Ebene sind in der Pflicht: Die CSU-geführte Staatsregierung muss endlich ihren Blockadekurs beim Ausbau der Erneuerbaren aufgeben und ihr absurdes 10H-Gesetz abschaffen.

Auch die Stadtwerke der Landeshauptstadt München sind mit dem Heizkraftwerk Nord (HKW Nord) in der Kohleverstromung aktiv. Obwohl das HKW Nord noch zu den moderneren und effizienteren Kohlekraftwerken in Deutschland gehört – das HKW Nord produziert neben Strom auch Fernwärme und erreicht einen kombinierten Wirkungsgrad von über 50%) – verursacht die die Anlage rund 17 % der Münchner CO2-Emissionen.
Zum Ausstieg aus dem HKW Nord haben die Münchner GRÜNEN vor einem Jahr  einen Fahrplan vorgelegt, der von der grün-rosa Stadtratsfraktion  detailliert ausgearbeitet wurde.
München und die Münchner Stadtwerke können sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen. Unsere GRÜNE Vision: Bis 2030 werden keine fossilen Brennstoffe mehr im Kraftwerkspark der SWM im Münchner Versorgungsgebiet verwendet. Es bleibt die Aufgabe der SWM, dies auf dem ökonomisch sinnvollsten Weg zu erreichen. Wir Münchner GRÜNEN fordern die SWM auf, einen Ausstiegsfahrplan vorzulegen, um die CO2-Emissionen des gesamten fossilen Kraftwerkspark im Münchner Versorgungsgebiet sukzessive zu reduzieren. München muss einen Beitrag leisten, die Stromversorgung in ganz Deutschland bis 2030, wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zuletzt auf der grünen Bundesdelegiertenkonferenz Ende 2015 gefordert, auf 100 % erneuerbare Energien umzustellen.

Konkret fordern wir Münchner Grüne:

  1. Das Betreiben des Block 2 des HKW Nord im reinen bzw. überwiegenden Kondensationsbetrieb (also der Stromgewinnung ohne einer maßgeblichen Auskopplung von Wärme) schnellstmöglich zu minimieren.
  2. Die Stadtwerke München werden außerdem aufgefordert, in den kommenden fünf Jahren die CO2-Emissionen am Block 2 des HKW Nord um jährlich 10% zu reduzieren. Das bedeutet für das Jahr 2020: das Heizkraftwerk Nord ist noch am Netz und liefert Versorgungssicherheit bezüglich Wärme und Inselnetzfähigkeit bezüglich Strom – es wird jedoch mindestens 50% weniger Kohle verbrannt, was durch Gasverbrennung im Heizkraftwerk Süd kompensiert werden kann.
  3. 3) Da der Umstieg von Kohle auf Gas eine übergeordnete gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und nicht allein Sache der SWM sein kann, soll der daraus resultierende entgangene Gewinn für die SWM möglichst aus dem städtischen Haushalt getragen werden.
  4. 4) Wir fordern SPD und CSU auf, den Ausstieg aus der Kohle auf Bundesebene nicht länger zu hintertreiben. Während in München gejammert wird, dass die Rahmenbedingungen für einen Kohleausstieg nicht stimmen, hat die Bundestags-GroKo unter Federführung eines Münchner SPD-Bundestagsabgeordneten bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung erst kürzlich verhindert, dass diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
  5. Schlussendlich sollten in der Debatte um Klimaschutz auch andere Aspekte Beachtung finden. Wir haben in den Jahren GRÜNER Regierungsbeteiligung in München zahlreiche Instrumente für einen besseren Klimaschutz geschaffen, und sehen auch jetzt – gerade nach der Klimakonferenz in Paris 2015 – noch zahlreiche andere wichtige Ansatzpunkte. Wir fordern daher:
    • Ein Energieversorgungskonzept für das Jahr 2030, das die Stadtverwaltung mit den Stadtwerken München baldmöglichst erarbeitet. In diesem soll unter anderem dargelegt werden, wie die aktuellen Planungen bezüglich des mittelfristigen Fernwärmeausbaus sind, wie alternative Wärmeversorgungskonzepte und Nahwärmenetze gestaltet werden können und wie die Ausbaupläne für Photovoltaik und andere erneuerbare Energiequellen (Wind, Biomasse, etc.) direkt in München aussehen.
    • Eine Dachagentur, die auf städtischen Liegenschaften und den Häusern der städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG und Gewofag PV-Anlagen errichtet und betreibt. Ziel soll sein, bis 2020 40 % des Gebäudebestandes mit PV zu bestücken.
    • Eine städtische Klimaschutzstrategie 2050. Das Ziel, die Begrenzung der Erderwärmung bei 1,5 Grad zu halten, muss in alle Säulen der städtischen Klimapolitik einfließen und auf evaluierbare Handlungsstrategien herunter gebrochen werden.

Die Münchner Grünen beteiligen sich entsprechend nicht am Bürgerbegehren “Raus aus der Steinkohle – bis 2022″.

2) Verkehrswende

Während mit dem bundesweit kontinuierlich steigenden Anteil der Erneuerbaren  die Energiewende – trotz großer Widerstände und eines zu geringen Ausbautempos -greifbar ist, herrscht im Verkehrsbereich seit Jahren größtenteils Stillstand; Der Verkehrssektor ist deutschlandweit der einzige Sektor, in dem die CO2-Emissionen seit 1990 sogar gestiegen sind. Seit 2009 ist das Bundesverkehrsministerium CSU-geführt – wenig überraschend sind da der Stillstand bei Bus und Bahn, die jahrelangen Unklarheiten über die Zukunft des Gemeindewegfinanzierungsgesetzes. Wenig besser die CSU-Landesregierung, deren verkehrspolitische Priorität seit Jahren einzig die unnötige 3. Startbahn am Münchner Flughafen zu sein scheint, die aber z.B. beim Ausbau des für den Großraum München so wichtigen S-Bahn- und Regionalverkehrs keinen Millimeter vorangekommen ist – wie das jüngste Hickhack um den seit Jahren geforderten Regionalverkehrshalt an der Poccistraße zeigt.

Wir GRÜNEN setzen auf eine konsequente, am Klimaschutz und den Menschen ausgerichtete Mobilitätswende. GRÜNE Politik kämpft für den Ausbau des umwelt- und klimafreundlichen ÖPNV, für eine gut ausgebaute Radinfrastruktur, für mehr Platz für Menschen, die zu Fuß unterwegs sind. Weiterhin auf den Ausbau des klimaschädlichen PKW- und LKW-Verkehr zu setzen, halten wir für zukunftsvergessen und eine Geldverschwendung.

In der Verkehrspolitik ist der Handlungsbedarf nach Jahrzehnten der automobilfixierten Verkehrspolitik besonders hoch. Deshalb ist für uns Münchner GRÜNEN die Verkehrspolitik kommunalpolitisch ein  zentrales Handlungsfeld für den Klimaschutz in München und Umgebung. Wir lehnen Milliardeninvestitionen in weitere Ringtunnel, die irgendwann nach 2030 fertig gestellt werden, ab und wollen stattdessen insbesondere den Radverkehr fördern und die Tram umfassend ausbauen und endlich die zweite S-Bahn-Stammstrecke in der Form des Südrings auf den Weg bringen.

Wir fordern:

  • Zügiger Ausbau des Tramnetzes, insbesondere Herstellung von Tangentialverbindungen (Tram  Westtangente, Tram Nordtangente). Langfristig streben wir eine Verdoppelung des Tramnetzes in München an, was nur rund ein Drittel der Kosten verursacht wie die derzeit geplanten Tunnelprojekte
  • Konsequenter Ausbau des Radverkehrs, mit Radlstreifen an allen wichtigen Verkehrsachsen wie z.B. der Rosenheimer Straße, Lindwurmstraße oder Nymphenburger Straße, den Ausbau von Radschnellfahrtstrecken als Verbindung ins Umland, radfreundliche Querungsmöglichkeiten der Innenstadt.
  • bessere Infrastruktur für Fußgänger*innen, mit besseren Querungsmöglichkeiten von großen Straßenachsen. U.a. setzen sich die Münchner GRÜNEN für eine bessere Anbindung des Museumsquartiers in der Maxvorstadt an die Innenstadt für Fußgänger*innen ein oder für den Boulevard Sonnenstraße, um mehr Raum für Menschen zu schaffen.
  • Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe in Tunnelprojekte am Mittleren Ring verhindern: die geplanten Tunnel an der Landshuter Allee und Giesing schaffen nur sehr punktuell und erst in 15 bis 20 Jahren Entlastung für die direkten Anwohner bei Lärm und Dreck – beides geht schneller und billiger -, für den Klimaschutz sind sie dagegen kontraproduktiv: Sie binden langfristig Haushaltsmittel, die umgehend für den ÖPNV-Ausbau benötigt werden.
  • Wir Münchner GRÜNEN fordern endlich eine Ausbauinitiative für die S-Bahn und den Regionalverkehr in Oberbayern. Dringend notwendig ist der Ausbau der S4 nach Westen und die Beseitigung von Engstellen im Netz. Der von Freistaat, Bahn und Stadt favorisierte Bau eines zweiten S-Bahn-Tunnels ist auch nach mehr als 15 Jahren der Diskussion und Planung mehr Fata Morgana als seriös finanzierbares Konzept. Bahn, Bund und Freistaat müssen 2016 endlich Klarheit bei der S-Bahn schaffen und sich – im sehr wahrscheinlichen Fall des Scheiterns des 2,5-3 Mrd. Euro teuren Tunnelprojekts – für Alternativplanungen wie einen S-Bahn-Südring öffnen. Zumindest die seit Jahren versprochene Sendlinger Spange sollte schnellstmöglich realisiert werden.
  • Auch beim PKW-Verkehr muss die Stadt stärker auf Innovationen wie Elektromobilität und Car-Sharing setzen. Die bestehende Stellplatzsatzung wirkt nicht nur preistreibend für den Wohnungsmarkt, sondern ist auch klimapolitisch anachronistisch.
  • Beispielhaft für sehr viele einzelne – große und kleine – Schritte bei der Umstellung auf erneuerbare Energien möge die grüne Stadtratsfraktion
    1. die Belegung aller geeigneten Dächer und Flächen (einschließlich der Müllberge) der Stadt und ihrer Töchter mit Photovoltiaikanlagen beantragen
    2. eine Untersuchung beantragen, welche Schwimmbäder der Stadtwerke bereits Solarwärme auf den Dachflächen gewinnen und welche Außenwarmbecken in der Nacht abgedeckt werden und welche Schwimmbäder in Wirklichkeit die „Abfallwärme“ aus der Kohleverbrennung nutzen.