Sexistische Gewaltphantasien werden im Netz alltäglich. Wie sollen wir damit umgehen?
Soll man darüber reden oder es einfach ignorieren? Soll man sich über den Hass öffentlich empören oder ihn abgebrüht an sich abtropfen lassen? Das sind Fragen, die sich im Moment viele stellen. Soll man der Hatespeech im Netz durch öffentliche Skandalisierung eine noch größere Aufmerksamkeit und Bühne geben? Tut man den Hetzern damit vielleicht noch einen Gefallen? Oder gibt man die übelsten Drohungen und Beleidigungen an die Polizei weiter, löscht sie und schweigt ansonsten über den ekelhaften Dreck, der sich auf der eigenen Facebookseite ergießt? Mittlerweile entscheiden sich immer mehr Leute dafür, offensiv mit den Attacken umzugehen und machen die Gewaltphantasien und Morddrohungen im Netz publik, um so über das Ausmaß der Enthemmung und Verrohung aufzuklären und dem politisch entgegenzutreten. Das ist gut so! Denn Hatespeech ist nicht nur ein individueller Angriff auf eine einzelne Person, sondern ein Anschlag auf unsere Grundwerte und unsere Demokratie.
Claudia Roth ist gegen die übelsten Verhetzungen vor Gericht gegangen, Katrin Göring-Eckardt hat in einem vielbeachteten Video einiges von dem Müll, der sie täglich erreicht, vorgelesen und deutlich gemacht, dass sie sich davon nicht einschüchtern lässt. Gerade bei Frauen – und darauf kommt es mir hier an – kommt noch eine weitere, besonders widerwärtige Dimension dazu: hier toben sich die Giftspritzer mit ihren sexuellen Gewaltphantasien aus. Jede von uns, die in der Öffentlichkeit steht, kann zuhauf Beispiele nennen. Einige Einblicke von meiner Facebookseite:
„Hoffentlich erfährt die Dame auch mal eine schöne Massenvergewaltigung von diesem Pack. Das Problem ist nur, diese Gutmenschen sind so hässlich, da geht keiner bei …“ schreibt ein Marc Warnecke. Ein Herbert Wiese postet ein Video, in dem eine halbnackte Frau von einem Mann ausgepeitscht wird. Und das: „Die sollte auf ein Drehkreuz und geöffnet werden. So eine friegide kuh.“ (Rechtschreibfehler im Original). Rene Balzer, der Verfasser dieser infamen Gewaltphantasie, posiert auf seinem Profilbild mit einer Maschinenpistole. Klar – das wird alles sofort gelöscht, vorher als Beweis gesichert, der Verfasser blockiert und in den krassesten Fällen Anzeige erstattet.
Aber was macht das mit Frauen, was macht das mit mir? Der erste Impuls ist: Ekel. Der zweite: Weg mit dem Dreck, sofort löschen, ignorieren, keine Zeit und Energie darauf verschwenden. Aber das Gift ist in der Welt und lässt sich nicht so einfach ungeschehen machen. Deshalb ist meine Strategie mittlerweile: Ich akzeptiere den Ekel und schaue mir den Ekelerreger genau an. Gezielt gehe ich auf die Seite des Verfassers, sehe mir sein Profil an, informiere mich über seine Person, seine Posts, seine Bildsprache. Aus dem anonymen virtuellen Angreifer wird so ein realer Mann. Gegen diesen Mann kann frau vorgehen: ihn outen, ihn blockieren, ihn anzeigen. Und dabei fällt auf: Meist tauchen dieselben Namen und Gesichter auf, es sind gar nicht so viele und sie sind nicht anonym. Mein Fazit: Wir Frauen sollten über sexistische Hass-Attacken offen und selbstbewusst sprechen, wir sollten sie nicht ignorieren oder verschweigen. Am besten ist es mit wachem Auge zu agieren – dann kann man auch besser kämpfen!
von Margarete Bause