Mit fossilen Brennstoffen angetriebene PKW machen unsere Städte oft laut und dreckig – und Fahrzeuge mit bis zu 2,5 Tonnen Leergewicht sind für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen schlicht eine Sicherheitsbedrohung. Steht uns mit dem autonomen Fahren eine Revolution bevor?
Dank digitaler Revolution winkt die Industrie mit einer – zeitnahen – Lösung. Was wäre, wenn nicht der müde, unkonzentrierte oder übermütige Mensch das Auto steuert, sondern ein Computer? Wer sich ansieht, was zum Beispiel die autonomen Fahrzeuge von Google alleine schon in Ihrer Umgebung wahrzunehmen fähig sind, mit genauer Unterscheidung der Verkehrsteilnehmer*innen, bis hin zur Analyse des Verhaltens (Achtung, eine unentschlossene Radfahrerin!), sieht schnell, dass das Potenzial und die Chancen enorm sind. Es steht schon jetzt fest, dass autonome Fahrzeuge die Zahl der Unfälle dramatisch reduzieren können.
Autonome Fahrzeug sind dabei nicht zwangsläufig komplett defensiv unterwegs. Die Google-Fahrzeuge haben schon gelernt, dass sie zum Überholen auch mal kurzfristig die Geschwindigkeitsbegrenzung übertreten müssen. Die wenigen von autonomen Fahrzeugen mitverursachten Unfälle haben entsprechend auch mit einer noch unvollständigen Austarierung zwischen defensiv und forsch zu tun. Anders freilich bei den bisher bekannten Unfällen von Tesla. Hier hat nicht die Software versagt, sondern wieder mal der Mensch, der die Software in Bereiche hinein strapaziert hat, für die sie schlicht nicht geschrieben war.
Auch das ökologische Potenzial ist erheblich: Das Verschmelzen von Systemen wie Carsharing, Taxis und eben autonomen Fahrzeugen wird mittelfristig das Taxigewerbe genauso überflüssig machen wie in vielen Fällen den privaten PKW-Besitz. Schon jetzt ist klar, dass diese Entwicklung unsere Städte radikal wird verändern können. Hunderttausende Parkplätze könnten überflüssig werden, unsere Mobilitätskultur sich ebenso rasch ändern wie unser Kommunikationsverhalten mit dem Siegeszug des Smartphones. Auch der Ressourcenverbrauch könnte sinken, wenn die Zahl der Fahrzeuge in Deutschland von heute rund 42 Millionen auf 20 oder 10 Millionen sinkt. Dass diese Entwicklung auch große wirtschafts- und industriepolitische Auswirkungen hat, liegt auf der Hand, für die mehr als 30.000 Taxiunternehmen in Deutschland ebenso wie für die deutsche Automobilindustrie.
Allenfalls akademische Bedeutung haben die Diskussionen über ethisch richtige Entscheidungen autonomer Fahrzeuge. In der Praxis wird der Computer vorrangig seine Passagiere schützen wollen, sonst würde die Akzeptanz nicht groß genug sein. Auch Haftungsfragen scheinen lösbar, auch wenn es natürlich noch einige rechtliche Fragen zu klären gibt. Die Luftfahrt hat mit der Einordnung des Autopiloten schon früh vorgemachtt, wie der Übergang von der Fahrer- zur Produkthaftung funktionieren kann. Beim Auto bedarf es dafür noch weiterer Änderungen internationaler Abkommen und Umsetzung in nationales Recht. Zwar ist das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr erst kürzlich in Bezug auf den möglichen Fahrerstatus von Computern geändert worden, für das vollautonome Fahren unter komplettem Verzicht auf Lenkrad und Steuerelemente reicht das aber noch nicht. Dabei hat Google in Studien festgestellt, dass Menschen eher bereit sind Fahrverantwortung abzugeben, wenn das vollständig passiert.
von Peter Heilrath und Dieter Janecek MdB