Gunda Krauss vom OV Bogenhausen verhilft Geflüchteten zu mehr Mobilität
Gunda Krauss könnte es sich eigentlich gemütlich machen. Sie ist Rentnerin, düst mit ihrem Dreirad durch die Stadt und genießt das Leben. Doch die Füße hochzulegen und zuzusehen, wie andere etwas bewegen, ist nicht Gundas Ding. Sie hat ein besonderes Anliegen: Gunda will geflüchteten Menschen Verkehrsregeln beibringen. „Für Menschen, die eine Flucht hinter sich haben, ist Mobilität enorm wichtig. Am einfachsten ist das natürlich mit dem Rad, doch viele der Menschen kennen die Verkehrsregeln nicht. Das kann richtig gefährlich werden“, erklärt Gunda ihren Antrieb hinter dem Projekt.
Gunda ist für uns Grüne Mitglied des Bezirksausschusses Bogenhausen und engagiert sich dort im Verkehrsausschuss. Sicheres Radeln ist ihr ohnehin ein Anliegen, sie setzt sich für bessere Radwege und einen fairen, rücksichtsvollen Umgang der verschiedenen Verkehrsteilnehmer miteinander ein. Als Geflüchtete in Bogenhausen untergebracht wurden, war für Gunda schnell klar: Ihre Radl-Kompetenz und -Leidenschaft, das ist es, was sie einbringen kann, um den Geflüchteten das Leben hier angenehmer zu machen.
In der Gemeinschaftsunterkunft in der Max-Pröbstl-Straße wird sie begrüßt mit einem „Hallo Frau Gunda, wie geht es Ihnen?“, wenn sie mit ihrem Dreirad einfährt. Sie ist bekannt bei den Menschen. Im Gepäck hat sie Flyer, einen Laptop mit Filmen und allerlei andere Materialien. 230 Menschen, zwei Hallen, kaum Privatsphäre – das Leben in der Unterkunft ist anstrengend und oft öde. „Hier prallen so viele Kulturen aufeinander, viele der Menschen sind traumatisiert und zum Nichtstun verdammt. Da entstand die Idee, ihnen ein wenig Mobilität zu ermöglichen“. Gunda versuchte es mit einem Leihsystem für Räder, das aber an dem allgemeinen Chaos in der Unterkunft zu scheitern droht. Die Idee war simpel, aber leider mit so vielen Menschen nicht durchführbar: „Wir wollten jedem Bewohner ein Radl zuweisen, quasi als persönliches Leihgerät. Diese Idee mussten wir verwerfen. Jetzt gibt es dort ein Schrauber-Team, das sich um alle Drahtesel in der Unterkunft kümmert. Und ich mache Verkehrsunterricht mit den Menschen“. Das ist besonders wichtig, da viele der Geflüchteten gar nicht wissen, welche Regeln es gibt und dann nicht verstehen, warum sie von der Polizei ermahnt werden. Zum Sommerfest der Unterkunft hat sie sich etwas Besonderes einfallen lassen. Gunda will mit den Menschen vor Ort Verkehr spielen, mit lebenden Verkehrsschildern. Außerdem hat sie ein Brettspiel organisiert, mit dessen Hilfe sie die wichtigsten Regeln spielerisch vermitteln möchte.
In der großen Unterkunft kann Gunda im Moment nicht mehr tun, doch ihren sieben „Adoptivenkelinnen“ kann sie besser helfen. Sieben Mädchen und junge Frauen aus Afrika lernten dank Gundas Hilfe Radfahren. Auch dabei galt es, die eine oder andere Hürde zu meistern. „Am Anfang hatte ich so eine naive Vorstellung, wie einfach es wäre, diesen Menschen zu helfen. Manchmal klappt es und manchmal passieren unvorhersehbare Dinge. Eines der Mädchen ist einmal vom Rad gesprungen, weil ein Mann mit Hund auf uns zu kam. Sie wusste aus ihrer Heimat eben nur, dass Hunde beißen und dass man ihnen besser nicht zu nahe kommt. Zum Glück ist nichts passiert und die jungen Frauen lieben das Radfahren. Für mich sind es die schönsten Momente, sie auf ihren Rädern zu sehen“.
Sandra Henoch, Mitarbeiterin im Stadtbüro, Politikwissenschaftlerin, Journalistin