Politik und Modebewegung können Hand in Hand viel erreichen.
Zero Waste. Null Müll. Wir kennen die Berichte von Menschen, die in einem Jahr nur die Menge Müll produzieren, die in ein Marmeladen-Glas passt. Besonders das Thema Plastikvermeidung ist – auch medial – derzeit in aller Munde. In der ganzen Republik eröffnen sogenannte „unverpackt“- Läden, in denen verpackungsfrei mit Mehrweg-Gefäßen eingekauft werden kann. Doch Zero Waste umfasst noch weitere Themen und dahinter steht eine ziemlich aktive Community, auch in München.
Zero Waste: Eine Philosophie
Bei Zero Waste wird der Begriff „Müll“ vielfältig gedeutet und ist zu einer Lebensweise, einer Einstellung – oder überspitzt gesagt zum Lifestyle – geworden: Null Ressourcenverschwendung. Auch im Sinne von Zeit und Geld. Dazu zählen Aktivitäten im Bereich der Share Economy: „Reparieren statt wegwerfen“ lautet das Motto von Repair-Cafés, urban gardening vermeidet ebenfalls Verpackungsmüll, foodsharing rettet Lebensmittel vor der Tonne und in unzähligen Blogs gibt es Anregungen zum Thema „do it yourself“. Von Waschpulver über Deo bis zum selbst gehäkelten Einkaufsnetz wird dort allerlei angepriesen. Sinnvoller Nebeneffekt: Den Wert vieler Alltagsdinge wieder schätzen zu lernen, selbst etwas mit den eigenen Händen zu schaffen.
Kritische Betrachtung Vorweg: Es ist eine tolle Leistung, die da viele Menschen in ihrem Privatleben tagtäglich vollbringen. Oder sie bringen sich mit viel Einsatz für diese Lebensweise auch in ehrenamtlichen Gruppen ein. Unverkennbar ist das Ganze für einige aber auch ein Hype, ein Lifestyle geworden. Ich sage nur Instagram und verweise auf diverse Facebook-Gruppen. Vielleicht ist es auch eine neue Art von Statussymbol? Das Statussymbol „Zeit“? Aber: Von jetzt auf gleich strikt alles Plastik aus dem Haushalt zu verbannen, um neue Produkte aus Holz, Edelstahl oder Glas anzuschaffen? Im Sinne einer sinnvollen Ressourcennutzung empfinde ich es als kontraproduktiv, bereits vorhandene und funktionsfähige Gegenstände zu entsorgen, um sie durch neue zu ersetzen. Auch ist es ökologisch nicht sinnvoll, wenn jede*r anfängt, sein/ihr eigenes Brot zu backen. Und: Plastik hat auch Vorteile, wie beispielsweise das reduzierte Gewicht, das Energiekosten beim Transport senkt.
Voneinander lernen
Ich bin beeindruckt, was in dieser Community geleistet wird. Ich bin erstaunt bis erschreckt, welche Sisyphos-Arbeit vollbracht wird: Noch genießbare Lebensmittel vor der Tonne retten, unverpacktes, regionales Einkaufen, eine lange Lebensdauer von Konsumgütern – all das sollte durch politische Rahmenbedingungen geregelt werden und keine Frage von ehrenamtlichem Engagement oder einem Trend sein. Ich bin beeindruckt, für wie viele Zero Waste als Lebenseinstellung die oberste Maxime in ihrem Leben geworden ist. Jede*r Einzelne*r der Münchner Community ist stark im Handeln und verleiht der Zero-Waste-Bewegung Glaubwürdigkeit. Gerade für junge Menschen ist es attraktiv, sich dort einzubringen. Die unzähligen Stunden an Aufklärungsarbeit und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen müssen aber auch auf politische und tatsächliche Veränderung hinwirken. Und da kommen wir Grüne ins Spiel! Ist es nicht so, dass alle Parteien von Nachwuchssorgen geplagt werden? Die Lösung lautet Kräfte bündeln: Aktives Handeln statt stundenlange Sitzungen. Eigenes Engagement direkt erfahrbar machen und Erfolge zeitnah erleben. In Kombination mit der Veränderung von politischen Rahmenbedingungen unschlagbar und übrigens ganz im Sinne von Zero Waste: Ressourcen sinnvoll nutzen, das Rad nicht immer wieder neu erfinden!
Beitrag von Julia Post