Neuanfang für die Städtebauliche Entwicklung im Münchner Nordosten
Angesichts der anhaltenden Notwendigkeit in München preiswerten Wohnraum zu schaffen, stimmen die GRÜNEN der Entstehung eines modernen und grünen Stadtteils mit hoher Lebensqualität im Münchner Nordosten unter den folgenden Voraussetzungen zu:
1. Schutz wertvoller Grünflächen
Im Entwicklungsgebiet sind hochwertige ökologische Flächen, wichtige Grünverbindungen und überregional vernetzte Frischluftschneisen sowie landwirtschaftliche Flächen zu erhalten. Die zu erhaltenen Flächen sind vor der Planung von Baugebieten zu identifizieren. Als ökologische Partei wollen wir die Flächen, die für Artenschutz, Naturhaushalt, Klimafunktionen, Frischluftzufuhr, regionale Landwirtschaft und Erholung notwendig sind („Tabuflächen“) von Bebauung freihalten. Die Grundlage hierfür sind die Ergebnisse der Freiraumstudie von Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) und ein noch zu erstellendes „Agrarstrukturelles Gutachten“. Bereits vor Beginn der Bebauung ist der Hüllgraben vollständig zu renaturieren und ein (parkplatzfreier, naturnaher, grundwassergespeister) Badesee (Beispiel Riemer See) zu erstellen. Die Landwirtschaft und der Pferdesport gehören zum Münchner Nordosten und bleiben langfristig auf angemessenen Teilflächen erhalten. Die ökologische Landwirtschaft mit Lebensmitteln für den Großraum München wird gestärkt.
2. Kompakt, urban, grün, nahmobil und bezahlbar
Ziel ist ein urbanes, kompaktes und gemischtes Stadtquartier mit einem möglichst hohen Anteil an dauerhaft preiswerten, geförderten, städtischen und genossenschaftlichen Wohnungen mit einem vielfältigen Wohnungsangebot für alle Einkommensgruppen. Dazu gehören lebendige Erdgeschosszonen, attraktive öffentliche Räume und eine urbane Gebäudehöhe von bis zu 8 Geschossen, die jedoch mit einer maßvoll abgestuften Geschosshöhe sensibel auf die bestehenden Wohnsiedlungen und Dorfkerne in direkter Nachbarschaft reagiert. Dazu gehört eine ausgezeichnete Architektur und ein klimaneutrales Energiekonzept. Das Quartier braucht eine gut ausgestattete Nahversorgung und Naherholung sowie ein gutes Angebot an sozialer, sportlicher und Bildungsinfrastruktur, das auch den Nachbarn zu Gute kommt.
3. Einwohner*innen und Arbeitsplätze
Das Gutachten von LBV und BN kam zum Ergebnis, dass 10.500 Einwohner*innen unter Berücksichtigung der ökologischen Schutzgüter möglich wären. Im Rahmen einer autofreien und kompakten Bauweise können jedoch auch 25.000 – 30.000 Einwohner*innen Platz finden. Bei der Festlegung der Einwohnerzahl sind die Anforderungen der ÖV-Anschlüsse einzubeziehen. Neben der kompakten Bebauung gelingt dies durch die Einsparung von Flächen für den motorisierten Individualverkehr und durch konsequente Konzeption als „autofreies Stadtquartier“. Das Stadtquartier der kurzen Wege setzt eine lebendige Mischung voraus. Weder eine reine Wohnnutzung („Schlafstadt“) noch eine explizite Gewerbenutzung sind hierfür sinnvoll. Aus diesem Anspruch ist im Planungsverlauf die Anzahl der zu entstehenden Arbeitsplätze zu entwickeln.
4. Verkehr: ein autofreies Stadtquartier
Wir fordern ein „autofreies“ neues Stadtquartier – mit Priorität für den Fuß- und Radverkehr, einem engmaschigen Radwegenetz sowohl zu den benachbarten Stadtquartieren als auch in die Nachbargemeinden, und einer sehr guten Erreichbarkeit mit dem ÖPNV. Das bisher am Rand von drei S-Bahnhöfen erschlossene Gebiet muss durch eine verlängerte U-Bahnlinie vom Arabellapark über Englschalking in das neue Quartier hinein erschlossen werden. Zusätzlich ist eine Trambahn in das Gebiet zu führen, die an das Bestandsnetz anschließt. Ein leistungsfähiges ÖPNV-Angebot muss bereits den ersten Bewohner*innen zur Verfügung stehen. Aufgrund der Konzeption als autofreier Stadtteil werden keine (neuen) Hauptverkehrsstraßen im Planungsgebiet angelegt, auch keine ausgebaute Nord-Süd-Querung. Der Park- und Lieferverkehr wird durch ein ausgeklügeltes Logistiksystem stark reduziert. Ziel sind attraktive und lebendige öffentliche Räume mit größtmöglicher Sicherheit für alle Altersgruppen des Fuß- und Radverkehrs.
5. Verbesserte Bürger*innenbeteiligung
Bisher sind die Bürgerbeteiligung und die Einbeziehung der Grundstückseigentümer*innen nicht optimal verlaufen. Um die Interessen sowie die Lebens- und Berufserfahrungen nicht nur der derzeitigen, sondern auch der möglichen zukünftigen Anwohner*innen in den Planungsprozess mit einfließen zu lassen, muss die Bürgerbeteiligung weiter geöffnet werden. Ein Bürgergutachten ist hier das geeignete Instrumentarium, in welchem dann alle Münchner*innen zu Wort kommen.
6. Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) besser kommunizieren
Als Instrument für Planungen größerer Planungsgebiete sieht das Baugesetzbuch die SEM vor. Für den Nordosten hat der Stadtrat in einem Umgriff von 600 ha bereits eine Vorkaufssatzung beschlossen, um während des Zeitraums der Konzeptentwicklung spekulative Bodenpreissteigerungen zu deckeln und dadurch die Grundlagen für kostengünstigen neuen Wohnraum zu schaffen. Außerdem können im Rahmen einer SEM die Planungsgewinne und -kosten für die notwendige soziale und verkehrliche Infrastruktur gerecht unter allen Verfahrensbeteiligten verteilt werden. Die GRÜNEN stehen deshalb auch im Münchner Nordosten zum Instrument der SEM zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Sollten die Voruntersuchungen ergeben, dass im Münchner Nordosten eine SEM durchgeführt wird, ist diese als kooperatives Verfahren durchzuführen, mit dem Ziel, ein abgestimmtes, durchdachtes und vernetztes städtebauliches Gesamtkonzept umzusetzen. Aufgrund des hohen städtischen Grundstücksanteils hat die Stadt München hierfür beste Voraussetzungen.
Die Stadt muss dann einen neuen kooperativen und glaubhaften Kommunikationsprozess mit fairen Angeboten an die Grundstückeigentümer in die Wege leiten.