Die Münchner GRÜNEN schließen sich der Kritik des Deutschen Städtetags und zahlreicher Verkehrsexperten an. Die Blockade des Bundesrats der Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und ihrer Umsetzung in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verhindert die Verbesserung von Gemeinwohl und Lebensqualität in der Stadt. Viele wichtige Projekte können vor Ort nun nicht umgesetzt werden. Grüne BA-Vorsitzende berichten.
Über Parteigrenzen hinweg wollen Kommunen mehr Handlungsspielraum, um eine sichere und nachhaltige Mobilität für alle zu ermöglichen. Die erarbeite Reformvorlage war nicht mehr als ein Anfang, doch auch diese ersten Schritte wurden nun vom Bundesrat blockiert – auf Kosten der Menschen vor Ort. Der Deutsche Städtetag stellt fest, dass so die „Mobilitätswende vor Ort erst einmal auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt“ wird.
Svenja Jarchow, Vorsitzende der GRÜNEN München und Vorsitzende im Bezirksausschuss 3 Maxvorstadt: „Wir Kommunen sollen viele große Aufgaben und Probleme von Land und Bund übernehmen und uns darum kümmern. Gleichzeitig können wir nicht bestimmen an welcher Stelle ein Zebrastreifen Sinn ergibt und wo nicht? Das ist doch ein schlechter Witz. Das StVG hätte den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, unter eigenem Handlungsfreiraum Klima- und Umweltschutz, Gesundheit sowie städtebauliche Entwicklungen gleichermaßen zum Verkehrsfluss und der -sicherheit Rechnung zu tragen. Dies zu verhindern ist schlecht für den Klimaschutz und die Verkehrssicherheit aller Münchner*innen.“
Agora Verkehrswende, der Thinktank für klimaneutrale Mobilität, weist darauf hin, dass „durch das Scheitern der Reform die Handlungsspielräume der Kommunen bei zahlreichen Vorhaben zur Verbesserung von Gemeinwohl und Lebensqualität weiterhin stark eingeschränkt“ sind. Hierzu geben grüne Vorsitzende von Münchner Bezirksausschüssen stellvertretend Einblicke.
Jörg Spengler, Vorsitzender im Bezirksausschuss 5 Au-Haidhausen: „Der Bezirksausschuss will die Verkehrssicherheit in Au-Haidhausen vor allem für Kinder deutlich erhöhen. Dazu gehören eine Ausweitung von Tempo 30, zusätzliche Zebrastreifen, mehr Fahrradstraßen und allgemein mehr Aufenthaltsflächen wie Sitzgelegenheiten und Spielflächen. Das sehe ich durch die Blockade der StVO-Reform im Bundesrat gefährdet. Und auch Verkehrsversuche für mehr Aufenthaltsqualität im Straßenraum, wie wir sie dieses Jahr in der Kolumbusstraße hatten, wären durch eine StVO-Reform deutlich leichter durchzuführen.“
Anais Schuster-Brandis, Vorsitzende im Bezirksausschuss 18 Untergiesing-Harlaching: „Die Ablehnung des StVG ist für uns auf kommunaler Ebene eine sehr bittere Pille. Seit Jahren versuchen wir vergeblich gemeinsam mit Bürger*innen, Elternbeiräten und Schulleitungen bei uns in Untergiesing-Harlaching rund um die Schulen, namentlich Rotbuchenschule, Agilolfingerschule und Albert-Einstein-Gymnasium, den Verkehr stärker zu beruhigen – mit Tempo 30 und zusätzlichen Zebrastreifen. Hier hätten uns die neuen Regeln sehr geholfen, endlich voranzukommen und die Schulkinder besser zu schützen.“
Die GRÜNEN München fordern erneut – wie bereits im März 2023 – dass die Stadt endlich der „Initiative Lebenswerte Städte“ beitritt und damit ein wichtiges Zeichen in Richtung sicherer, freier und klimaneutraler Mobilität setzt.
Joel Keilhauer, Vorsitzender der Münchner GRÜNEN: „Die Entscheidung des Bundesrats ist auf Steinzeit-Niveau. Familie Feuerstein lässt grüßen. Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz im Jahr 2023 weiter nicht ausreichend im Straßenverkehr zu berücksichtigen ist einfach unverantwortlich. Der ÖPNV wäre durch die Reform gestärkt worden. Fußgänger und Radfahrer bekämen mehr Freiheit und Sicherheit. Bund und Länder sind jetzt gefordert möglichst schnell eine Lösung zu finden. Wir fordern weiter eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes mit mehr Gestaltungsfreiheiten für die Kommunen. Und das ist ja auch ohne Mehrkosten für Bund und Länder möglich.“
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Pressemitteilung des Deutschen Städtetages: „Verkehrswende vor Ort wird ausgebremst“
Einschätzung von Agora Verkehrswende: „Straßenverkehrsrecht: Reformblockade im Bundesrat sendet fatales Signal an Kommunen und Gesellschaft“