Wie feministisch sind die Grünen?

Wir sind weiter als andere Parteien, es ist aber immer noch Luft nach oben!

Ein wesentliches Ziel (der Grünen) ist die Verwirklichung der Rechte und Interessen von Frauen.“ So steht es in unserem Frauenstatut. Der Anspruch stimmt. Man kann es auch so formulieren: Wir sind weiter als andere Parteien, es ist aber immer noch Luft nach oben! Frauen haben es in der Politik nicht immer leicht, informelle Spielregeln gibt es überall. Es ist wichtig, die Potentiale von Frauen zu erkennen und zu nutzen. Dass Politik Spaß macht – und nicht kompliziert und zeitaufwändig sein muss – müssen wir intern klar kommunizieren. Außerdem muss in allen Grünen Gliederungen aktiv Frauenförderung betrieben werden, sowohl nach innen als auch nach außen. Darum bin ich ein großer Fan der paritätischen Besetzung von Gremien und Organen. Geschlechtergerechte Sprache ist eine Form Frauen sichtbar zu machen, ebenfalls ein Grüner Grundsatz.

Frauenförderung selbst anpacken – Aufgabe für alle

In meiner Grüne-Jugend-Zeit habe ich 2010 zusammen mit Dimitra Kostimpas „Frauen bilden Banden“ ins Leben gerufen, ein Seminar explizit für Frauen. Warum? Weil es uns wichtig war, einen eigenen Raum für Frauen zu eröffnen. Frauen bringen sich oft weniger auf Versammlungen ein als Männer. Wir wollten das ändern und haben uns mit tollen Frauen vernetzt, empowert und viel gelernt. Von Feminismustheorien bis zu praktischen Redetrainings war alles dabei. Außerdem haben wir seit 2010 ein internes Frauenmentoring durchgeführt und in Tandems gearbeitet, viel diskutiert und frauenpolitische Aktionen entwickelt.

Als Stadtvorsitzende war mir das Thema sehr wichtig. Der März war immer der „still love feminism“-Monat, mit Aktionen zum Weltfrauentag und Equal-Pay-Day. Als Kreisvorsitzende hat man großen Einfluss auf den „Feminismusgrad der Grünen“: z.B. beim Einladen von Frauen für Vorträge, die Themenwahl von Veranstaltungen, die Gestaltung von Sitzungen (bspw. quotierte Redelisten, direktes Ansprechen von Frauen) und interne Frauenförderung (durch Trainings oder gezieltes Ansprechen von Frauen für Kandidaturen). Diese Einflussmöglichkeiten habe ich genutzt und mich dafür eingesetzt, dass wir Grüne den Wert der Gleichstellung auch leben und er nicht nur in unseren Statuten steht. Denn wir können uns nicht immer über die Ungerechtigkeiten bei anderen beklagen und dann selbst unsere Strukturen nicht geschlechtergerecht aufstellen. Wie überall ist klar: Freiwilligkeit bringt nicht viel, es braucht konkrete verbindliche Maßnahmen.

Das intensive Auseinandersetzen mit dem Thema Gleichstellung hat mir auch im Landtag geholfen. Das Parlament ist – wie der Rest der Gesellschaft – männlich geprägt: der Frauenanteil im Landtag beträgt grade mal 28,3%. Wir als Grüne Fraktion sind die einzigen, die ein Geschlechterverhältnis Hälfte-Hälfte haben. Das ist super so! Und sollte bei den anderen Fraktionen auch normal sein, genauso wie es normal sein muss, dass eine junge Frau MdL wird. Es zeigt mir aber auch deutlich, dass es noch einen weiten Weg für unsere Gesellschaft ist. Dazu gehört, dass wir Grüne auch immer wieder das Thema Gleichstellung und Frauenförderung intern thematisieren. Auch im 21. Jahrhundert ist es noch nötig und wichtig, für die Gleichstellung der Geschlechter zu kämpfen – auch in unserer Partei.

I still love feminism
Deswegen wünsche ich mir für uns Grüne:

  • mehr strukturelle Verankerung der Frauenförderung, ich könnte mir beispielsweise eine Frauenbeauftragte pro Kreisverband sehr gut vorstellen
  • umfassend konsequentes Durchhalten unserer Regeln für die Frauenförderung
  • Grüne in Verantwortung, die die Gleichstellung auch in ihrem Verantwortungsbereich (vor)leben
  • Feminismus als Gesamtaufgabe der Partei, nicht nur für die weiblichen Mitglieder
  • mehr Vernetzung und Solidarität der Frauen untereinander (deswegen ist der für 16. Juli geplante Frauenkongress Oberbayern eine super Sache)
  • keine Aufweichung der frauenpolitischen Ideen und
  • die Hälfte der Macht den Frauen!

von Katharina Schulze