Stellungnahme des grünen OV Nord, der Grünen Fraktionen von BA 10, BA 11 und BA 24 und der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze und Benjamin Adjei zum Beschluss von CSU, SPD und FDP zum BMW-Tunnel zur der Anbindung der A99 an die Schleißheimer Straße.
- Seit Jahrzehnten werden die Verkehrsthemen für den Münchner Norden diskutiert. Auch der größte Arbeitgeber dort, BMW, beteiligte sich hier und förderte die Suche nach neuen Konzepten. Er erweckte immer wieder den Eindruck erkannt zu haben, dass die komplexe Aufgabe, Mobilität und Lebensqualität in einer modernen Millionenstadt zukunftsweisend zu verbinden, nur mit anderen Mobilitätsarten als die des eigenen Produktportfolios gelöst werden kann.
- Für die Mobilität der Münchner*innen im Norden der Stadt sowie für alle, die dort zum Arbeiten hinkommen, gibt es jedoch noch immer kein Gesamtkonzept, das den Herausforderungen zu Klimaschutz, Umwelt- und Naturschutz, Lebensqualität und Alltagsmobilität sowie den Anforderungen der Wirtschaft gerecht wird.
Jahrzehntelange einseitig auf den Autoverkehr gerichtete Entwicklungen haben den Münchner Norden an die Grenzen der Leistungs- und Leidensfähigkeit gebracht. Es gab immer wieder Versuche, diese Einseitigkeit aufzubrechen und eine vollständige Bewertung aller Ideen zu ermöglichen: Der Koalitionsvertrag unserer Stadtregierung hatte das im Fokus, doch jetzt erleben wir bei der SPD den Rückfall in alte Denkmuster. Der Weitblick ist zum Tunnelblick geworden, das Signal fatal.
Die Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft kamen prompt, denn dieses Vorgehen ist phantasielos und rückwärtsgewandt.
„Die bayerische Staatsregierung hat die Stadt München und das Umland mit den Verkehrsproblemen allein gelassen und die Probleme durch einseitige Verkehrspolitik in den letzten Jahren noch drastisch verschärft“, so der Stimmkreisabgeordnete Benjamin Adjei. „Dem Rückgrat des Münchner ÖPNV – der S-Bahn – hat sie durch Vernachlässigung und ausbleibende Weiterentwicklung extremen Schaden zugefügt.“
Den Münchner Norden durchquert der Eisenbahn-Nordring, seit Jahrzehnten nur genutzt für Güterverkehr. Schon immer gab es Ideen ihn auch für Personenverkehr zu nutzen. „Passiert ist bisher nichts, vom groß angekündigten S-Bahn-Pendelverkehr zwischen Karlsfeld und Euro-Industriepark ist nichts zu sehen, Planungen wurden und werden zeitlich immer weiter verschoben,“ kritisiert Benjamin Adjei.
Aber auch die Eisenbahnzuläufe aus dem Umland sind an ihren Grenzen und darüber hinaus belastet. Verspätungen, Ausfälle, Unfälle, lange Taktzeiten – es ist gerade für Ziele im Münchner Norden ein Elend.
Die notwendigen Finanzmittel werden im Stadtzentrum für den 2. S-Bahn-Tunnel verbuddelt, bei dem die Kosten ständig steigen und die Fertigstellung in weite Zukunft rückt.
Jetzt fällt die SPD mit Hilfe von CSU und FDP tragischer Weise in alte Denkmuster zurück, redet von staufreiem Autoverkehr und setzt auf Straßenbau statt einer zukunftsweisenden Gesamtlösung.
Die Pläne der Stadtregierung waren ursprünglich äußerst positiv: Konzentrierte Prüfaufträge an die jeweiligen Fachabteilungen um den Ausbau von Tram-, Bus- und U-Bahn-Netz sowie Fahrradinfrastruktur mit Maßnahmen für den Autoverkehr abzugleichen waren in der Planung. Gerade auch im Hinblick auf die Klimaneutralität 2035 sollten die Kombinationsfragen erweiterte Lösungsansätze zeigen – P&R an der A99, B&R kombiniert mit Mobilitäts-Stationen im Stadtgebiet. Die alten Denkmuster sorgen nun für einen Abbruch des klugen Weges, mit der kurzsichtigen Konzentration auf den Tunnel, denn Geld kann nur einmal ausgegeben werden.
„Die Zukunft der Mobilität in unserer Stadt ist ein Mix aus einem massiven Ausbau von S-Bahn, Bus, Tram und U-Bahn sowie Park and Ride Stationen für die Einpendler. Ein teurer Tunnel gehört dazu nicht – denn wer Straßen baut, wird noch mehr Verkehr ernten. So wird es auch schwieriger die Klimaneutralität 2035 zu erreichen, das muss auch SPD, CSU und FDP klar sein“, so Katharina Schulze.
Wir fordern die Rückkehr zur Erstellung eines Gesamtkonzeptes mit einem verantwortlichen Blick auf die Herausforderungen der Zukunft. München ist eine Stadt der Kreativität und Leistungsbereitschaft. Gerade deswegen ist es – insbesondere für den größten Arbeitgeber im Norden der Stadt – so attraktiv Teil dieser Stadtgesellschaft zu sein.
Das Ansehen von BMW ist in München sehr hoch. Nachbarschaftsveranstaltungen in den letzten Jahren zu den geplanten Ausbaumaßnahmen von Produktionswerk und Entwicklungszentrum haben überall einen guten Eindruck hinterlassen. Die Pläne passten zu einer innovativen und zukunftsfähigen Firma. Die aktuelle und überstürzt wirkende Entscheidung, den Tunnel nun sogar gegen den Koalitionsvertrag durchzudrücken, anstatt innovative Verkehrslösungen mitzudenken, ist eine riesige Enttäuschung für die Menschen im Münchner Norden.
Anstatt eines zukunftsfähigen Gesamtkonzepts kommt es jetzt zur Fällung von mindestens 710 alten Bäumen, zur Zerstörung von Grün- und Erholungsflächen, von denen wir jetzt schon nicht genug haben. Und dabei wissen wir auch noch, dass all die Bautätigkeit dazu führen wird, noch mehr Autos, noch mehr Stau, in den Münchner Norden zu holen. Da die Kosten für den Tunnelbau und dessen jährliche Wartung immens sind, wird es bedeuten, dass alle wirklich wichtigen Projekte zukunftsweisender Mobilität somit in näherer (und fernerer) Zukunft nicht verwirklicht werden können.
Der OV Nord der Münchner Grünen fordert die SPD deshalb dringend auf, den Koalitionsvertrag einzuhalten, um die Entwicklung eines zukunftsfähigen Gesamtkonzeptes für die Mobilität im Münchner Norden unter Einhaltung der Klimaschutzziele zu ermöglichen.