Diskussion zu Werten in der EU am Beispiel Ungarns „Es wird Zeit umzusteuern“

Ungarn

Diskussion über Europa und seine Werte: Dominik Krause (v.l.), Dr. Melani Barlai, Henrike Hahn und Dr. Sergey Lagodinsky.

Ein Drittel der Sitze im Europäischen Parlament könnten am 26. Mai an rechtspopulistische Parteien fallen. Besonders in den früheren sozialistischen Staaten Osteuropas wird der Rechtsstaat zunehmend von nationalkonservativen Regierungen unterhöhlt. Vor diesem Hintergrund luden die Münchner Grünen zu einem Gesprächsabend zur anstehenden Wahl mit besonderem Augenmerk auf Osteuropa.

„Europa am Scheideweg? Fokus Ungarn ­­­– Grüne diskutieren Werte und Zusammenhalt am Beispiel Ungarns“ lautete der Titel der Veranstaltung, moderiert vom Münchner Grünen-Vorsitzenden Dominik Krause. Zu Gast im Wirtshaus am Bavariapark waren die Münchner Europakandidatin Henrike Hahn, die Politikwissenschaftlerin und Ungarn-Expertin Dr. Melani Barlai von der Andrássy Universität Budapest, sowie der grüne Europakandidat und Jurist Dr. Sergey Lagodinsky.

Sergey Lagodinsky bejahte die Frage „Europa am Scheideweg?“ ausdrücklich. „Es wird Zeit umzusteuern, das gilt vor allem in der Klimapolitik. Weitere fünf Jahre Stillstand bis zur nächsten Wahl können wir uns nicht leisten.“ Die rechten Parteien mobilisieren ihr Wählerpotential, warnte Sergey. Alle demokratischen Parteien müssen sich dem entgegenstellen und ihrerseits die Wähler*innen an die Urnen bringen. Europakandidatin Henrike Hahn plädierte dafür, die Menschen stärker in den Fokus der Politik zu rücken, um so die Zustimmung zu Europa, besonders im Osten, zu stärken. „Wir brauchen einen europäischen Mindestlohn, Recht auf Arbeit und Bildung. Europa muss sozialer werden.“  Melani Barlai berichtete von der Stimmung in ihrer Heimat und machte den Gästen Hoffnung: „Die meisten Ungarn sind proeuropäisch.“ Allerdings müssten die demokratischen Kräfte in Ungarn und den übrigen osteuropäischen Staaten gestärkt werden – auch von Deutschland. „Nicht jeder denkt wie Orbán oder Erdoğan.“  Henrike Hahn und Sergey Lagodinsky sprachen sich für ein europäisches Vereinsrecht, die gezielte Förderung von Bürgerrechtsorganisationen mit EU-Geldern sowie eine europäische Digital-Strategie aus. Zudem solle eine neue europäische Kontrollinstanz (Kopenhagener Kommission) geschaffen werden, welche die Mitgliedsstaaten regelmäßig auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Kriterien hin überprüft. Einig waren sich die vier Gäste und auch die Teilnehmer*innen darüber, dass es sich lohne, für das große Friedens- und Wohlstandsprojekt Europa auf die Straße zu gehen und zu kämpfen: „Wir dürfen Europa nicht den Rechten anheimfallen lassen.“